Zusammenschluss schon im Jahr 1970 zugestimmt

Die eigentliche Gründung von Pohlheim lag zum Zeitpunkt der Stadtrechte-Verleihung schon fast vier Jahre zurück. Denn schon Mitte November 1970 hatten sich die ehemals eigenständigen Orte Watzenborn-Steinberg, Garbenteich, Dorf-Güll, Holzheim, Grüningen und Hausen im Zuge der Gebietsreform zur neuen Großgemeinde mit dem Namen Pohlheim formiert. Diesem vertraglichen Akt hatte die Landesregierung Mitte Dezember 1970 zugestimmt. Ende des Jahres trat der Zusammenschluss endgültig in Kraft.

Erste Initiativen schon 1966 in Garbenteich

Aus detaillierten Recherchen von Pohlheims Ehrenbürger Walter Damasky geht hervor, dass es schon 1966 erste Initiativen über gemeindliche Zusammenschlüsse gab, speziell einen von Garbenteich und Hausen. Richtig an Fahrt auf nahmen die Gespräche Mitte 1970 durch etliche Diskussionen auf parlamentarischer Ebene. Watzenborn-Steinberg und Garbenteich wurden zu diesem Zeitpunkt hauptamtlich, die anderen vier späteren Pohlheimer Ortsteile ehrenamtlich verwaltet. In Watzenborn-Steinberg, Garbenteich und Dorf-Güll hatten sich die politischen Gruppen relativ zügig für einen Zusammenschluss ausgesprochen. Hausen, Grüningen und später auch Holzheim beteiligten sich zunächst nur informell an den Vorgesprächen.

Grünes Licht aus allen Gemeindevertretungen

Zwischen dem 22. Oktober und 11. November 1970 gaben die Gemeindevertretungen der sechs Ortschaften schließlich grünes Licht für den Zusammenschluss. Allerdings gab es vereinzelt auch Kritik und Warnungen vor einem Beitritt zur Großgemeinde. Ein Leserbriefschreiber aus Hausen prophezeite den „Untergang des Dorfnamens, der Gemeindeorgane und des Bürgermeisteramtes“. In Holzheim wolle man lange keinen übereilten Zusammenschluss, aus dem „nur wenige Vorteile erwüchsen“, fasste ein Pressevertreter eine Bürgerversammlung zusammen. Eine Verbindung mit Grüningen und Dorf-Güll habe man für vernünftig gehalten, aber diese Orte hätten eine größere Lösung gesucht. Noch Anfang November 1970 kritisierte ein Bürger aus Hausen und entschiedener Gegner der Fusion in einem Leserbrief: „Werden denn die Bürger der einzelnen Ortschaften überhaupt nicht mehr gefragt oder sind wir schon in einer Diktatur wie im Dritten Reich?“. Er sah den Anschluss an Gießen als bessere Lösung und riet: „Finger weg von diesem Unternehmen, denn dieses würde unser Dorf nochmal tief, tief bereuen.“

Grundlage bildete der „Grenzänderungs- und Auseinandersetzungsvertrag“

Ungeachtet dessen kommt es am 14. November 1970 schließlich zum Zusammenschluss der sechs Gemeinden: Unter der Überschrift „Historischer Augenblick in der Watzenborn-Steinberger Volkshalle: Bildung der Großgemeinde Pohlheim durch Unterschriften besiegelt“ berichtet die Presse über die Vertragsunterzeichnung. Im zu Grunde liegenden „Grenzänderungs- und Auseinandersetzungsvertrag“ heißt es, durch den Gemeindezusammenschluss solle „eine Großgemeinde geschaffen werden, die in ihrer Selbstverwaltung und in ihrer Finanzkraft gestärkt den Aufgaben der Zukunft gewachsen ist“. Nur so erscheine es vor allem möglich, „weitere Industrie- und Gewerbegebiete, moderne und gesunde Wohngebiete, Erholungs- und Freizeitgebiete und ein zukunftsweisendes Verkehrsnetz zu planen und auszubauen“.

Landesregierung soll Pohlheim auch die Stadtrechte verleihen

An die Landesregierung erging die Bitte, der neuen Großgemeinde Pohlheim die Stadtrechte zu verleihen. Dies dauerte dann noch bis zum 21. September 1974. In einer öffentlichen Sondersitzung der Gemeindevertretung im Gasthaus „Goldener Stern“ in Watzenborn-Steinberg überreichte der damalige Ministerpräsident Albert Osswald die Urkunde zur Verleihung der Stadtrechte an Pohlheims Bürgermeister Karl Brückel. Dieser und auch Osswald würdigten die erfolgreiche Entwicklung Pohlheims auf wirtschaftlichem, kulturellem und politischem Gebiet. Mit dem Erhalt der Stadtrechte wurde in der Sondersitzung zudem das neue Stadtwappen für Pohlheim vorgestellt. Es war von dem Heraldiker Heinz Ritt im Auftrag des Hessischen Hauptstaatsarchivs entworfen worden und zeigte einen blauen Limes-Wachturm, einen goldenen Eichenzweig und goldene Notenlinien mit zwei Achtelnoten – ein Hinweis auf die rege Chortätigkeit in Pohlheim, was schließlich auch zum inoffiziellen Beinamen „Singende Stadt“ führte.