Walter Damasky transkribierte Chronik über bäuerliches Leben zwischen 1598 und 1752
Dicker Schinken über bäuerliches Leben: 545 Seiten umfasst „Die Schefersche Chronik 1598 bis 1752 - ein Hausbuch aus Pohlheim-Watzenborn-Steinberg“, das Pohlheims Ehrenbürger Walter Damasky verfasst hat.
Die „Schefersche Chronik“ ist in erster Linie eine Art Tagebuch aus dem damaligen Dorf Steinberg. Die Schreibweise des heutzutage weitverbreiteten Nachnamens „Schäfer“ mit „ä“ setzte sich erst gegen Ende dieser Periode durch. Dieter Schäfer, Vorsitzender des Ortsvereins der Heimatvereinigung, schrieb ein Vorwort für diese Chronik und stellte mit Amtsvorgänger und Ehrenvorsitzendem Prof. Dr. Georg Erhardt sowie Damasky im Heimatmuseum die umfangreiche Dokumentation vor.
Der erste bekannte Chronist Tobias Schefer begann 1598 mit seinen Aufzeichnungen, die er bis zu seinem Tod 1635 fortführte. Er startete also mit seinen Aufzeichnungen, noch bevor der erste Pfarrer 1606 nach Watzenborn-Steinberg kam. Damit lag er zeitlich auch vor den ältesten Kirchenbüchern der Gemeinde, die um 1624 datieren. Dass Schefer überhaupt lesen und schreiben konnte, ist wohl einem seit 1562 auf dem Schiffenberg wohnenden lutherischen Pfarrer zu verdanken. Dort konnten diejenigen, die das nötige Geld hatten, vermutlich unterrichtet werden. Schulen gab es noch keine.
Die in der Chronik enthaltene Dokumentation über Familiengeschichte, Wohnhäuser, Mühlen und Landwirtschaft, Ernteerträge, Wetterereignisse, Geld- und Grundbesitzgeschäfte, Kirchenangelegenheiten und anderes bietet viele Ansatzpunkte für wissenschaftliches Arbeiten - etwa in den Bereichen Geschichte, Ernährung, Bodenqualität und Klimawandel. Einen breiten Rahmen nehmen neben der Landwirtschaft die Aufzeichnungen über Steuern und Abgaben ein. Geldsorten und Geldwerte werden ebenfalls ausgiebig abgebildet. Aufzeichnungen über die Pestjahre, den Dreißigjährigen Krieg und den Österreichischen Erbfolgekrieg geben tiefe Einblicke über die Sorgen und Nöte dieser Zeit.
Auch Wetterkapriolen festgehalten
Die Chronisten hatten damals das Hausbuch in der Hauptsache dazu verwendet, für sich festzuhalten, was sie an Geld ausgegeben und verliehen hatten. Auch verschiedene Ereignisse aus Watzenborn-Steinberg finden darin Erwähnung, zu denen zahlreiche Wetterkapriolen zählen. So gab es anno 1606 einen großen Wind, der an vielen Orten ganze Wälder umgeworfen hatte. Am Walpurgistag 1611 ist das Korn auf den Feldern erfroren, was eine große Teuerung zur Folge hatte.
1614 hatte man im Sommer mit einer großen Dürre zu kämpfen, dem ab Oktober ein zweimonatiges Regenwetter folgte und für Überschwemmungen sorgte. Keinen Schnee gab es im Winter 1616 und Mitte Februar 1617 standen die Kirschbäume in voller Blüte. Auch von einem großen Kometen mit großem Strahl (1680) und einem großen Stern mit Strahl (1682) wird berichtet.
Im Leihgesterner Kirchenarchiv wird das Hausbuch aufbewahrt, das von Tobias Schefers Nachkommen bis 1752 weitergeführt wurde. Über diese namentlich nicht bekannten Chronisten gelangte die Chronik bereits um das Jahr 1700 nach Leihgestern. Berichtet wurde über Ereignisse aus dem Ort und dem Umland.
Kurze Auszüge einzelner Themen aus dem Hausbuch wurden schon in den Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins veröffentlicht. Autor Walter Damasky hat alle Seiten der Chronik eingescannt und auf der linken Seite im Buch abgebildet. Auf der rechten Seite wurde der Text in die heutige Schreibweise übertragen, inklusive der Fehler in Groß- und Kleinschreibung. Dies sollte die Lesbarkeit steigern, ohne den Text zu verändern.
"Eine großartige Leistung"
Die Tauf-, Heirats- und Todesdaten sind dem Watzenborn-Steinberger Familienbuch entnommen. Walter Damasky hat beim Erstellen des Buches die Vorarbeiten von Otto Stumpf (Garbenteich) aus den Jahren 1978 und 1983 (Grundstücks- und Flurverzeichnisse) sowie anderer Autoren berücksichtigt. Nicht zuletzt seine eigenen früheren Buchprojekte wurden einbezogen in eine vollständige Zugänglichkeit und verständliche Darlegung der Chronik.
„Eine großartige Leistung in seinem hohen Alter“, lobte Dieter Schäfer den mittlerweile 89-jährigen Pohlheimer Ehrenbürger. Dank erging auch an den Ehrenvorsitzenden Prof. Dr. Georg Erhardt für dessen Korrekturlesung und Verbesserungsvorschläge. (Text: Jürgen Schu)